Botanischer Garten Bern, Orangerie
Auszug aus der Einführung von Oskar Bätschmann,
em. Ordinarius für Kunstgeschichte, Universität Bern
Quadratische Bildformate werden [in der Malerei und Photographie] zwar angeboten, aber selten verwendet. [...] Nun sehen wir aber heute hier in der Ausstellung ungewöhnlich viele quadratische Bildformate unter den Werken von Pia Hodel-Winiker und einige unter den Werken von Gerhard Knolmayer, und wir fragen uns, was die Wahl der Malerin, des Malers bestimmt hat, und als Publikum fragen wir uns, wie ein quadratisches Bildformat sich auf die Darstellung auswirkt und wie es auf uns wirkt im Unterschied zu einem rechteckigen Format.
Ich will dazu nur einen Hinweis geben, den Sie bitte überprüfen mögen an den Werken die hier ausgestellt sind. Wir sind kulturell so konditioniert, dass wir bei rechteckigen Bildern meinen, die Komposition habe beidseits einen Abschluss, sodass ein Bild wie fertig oder geschlossen erscheinen kann. Ein Abschluss kann betont werden durch ein Bäumchen, ein Gebäude, ein Mast oder dergleichen. Anders verhält es sich bei gestreckten rechteckigen Formaten, denken Sie an holländische Flachlandschaften oder an Ferdinand Hodlers letzte Bilder vom Genfersee: hier können wir den Eindruck haben, wir hätten einen Ausschnitt aus einer Endlosigkeit vor uns. Dagegen erweckt ein quadratisches Bild den Eindruck, abgeschnitten und also ein Fragment zu sein, selbst wenn an den Rändern noch ein kompositioneller Abschluss angebracht ist. Das ist dann besonders der Fall, wenn wir Motive wie das Meer, ein Ufer, Fabrikgebäude, eine Siedlung vor uns haben, die bildparallel angeordnet sind. Dies ist nicht der Fall bei den konstruierten quadratischen Bildern mit meist symmetrischer Komposition, wie wir sie von den Zürcher Konkreten, Max Bill oder Richard Paul Lohse, und vielen anderen kennen, und das ist in der ornamentalen Gestaltung begründet.